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  • Thorsten Wolf | Agile4Work

Motivieren geht!


Zürcher Ressourcenmodell

Aber leider nur bei sich selbst. Bei Mitarbeitern nennt man solche Versuche Argumentieren, Belohnen oder Bestrafen. Und das hat nichts mit der intrinsischen Motivation zu tun, die hier gemeint ist.

Wie aber kann man sich selbst motivieren? Endlich die Steuer zu machen, ein unliebsames Verhalten verändern oder die längst fällige Bewerbung zu schreiben?

Grundsätzlich haben Sie folgende Möglichkeiten: Entweder verlassen Sie sich auf Ihr Steuersystem Selbstdisziplin, das erfahrungsgemäß anfällig für Störungen von Außen ist (etwa Einladungen von Freunden, schönes Wetter, ...). Oder aber Sie aktivieren Ihr zweites Steuersystem Motivation und gehen die Aufgabe mit einem Minimum am Selbstdisziplin und einem Maximum an Eigenmotivation an. Der Vorteil: diese Variante verringert den Energieaufwand drastisch und erhöht dabei signifikant die Umsetzungswahrscheinlichkeit.

Zu mehr echter Motivation in 8 Schritten

Dahinter steckt das sogenannte Zürcher Ressourcen Modell (ZRM). Es wurde Anfang der Neunzigerjahre von Frank Krause und Maja Storch an der Universität Zürich entwickelt und wird heute erfolgreich im Wirtschafts-, Gesundheits- und Sozialbereich wie auch im Spitzensport angewandt. Die Methode beruht auf neurobiologischen Erkenntnissen und bezieht systematisch kognitive, emotionale und physiologische Aspekte in den Zielentwicklungsprozess mit ein. Dadurch lassen sich Ziele und Handlungen so gestalten, dass der gesamte Organismus in all seinen Dimensionen das Ziel mitträgt und unterstützt.

Konkret sieht das so aus: Ein Ablaufschema in 8 Schritten...

1. Vorhaben auswählen.

Wählen Sie ein konkretes Vorhaben aus. Anfangs bitte noch keine Mammutaufgaben, erst müssen Sie mit der Methode vertraut sein und erste Erfolge erzielt haben. Wie wäre es also zum Beispiel mit Keller ausmisten, Steuererklärung machen, Haus- oder Masterarbeit schreiben?

2. Somatische Marker aktivieren.

Die somatischen Marker, auch adaptives Erfahrungsgedächtnis genannt, haben sich im Lauf Ihres Lebens durch Speichern aller emotionalen Erlebnisse entwickelt und entscheiden innerhalb von 200 Millisekunden, was gut oder schlecht für Sie ist. Suchen Sie sich also nun ein Bild, bei dem Sie spüren, dass es Sie bei dem Vorhaben positiv unterstützen kann. Das Bild erkennen Sie an Ihrem Bauchgefühl, ohne spontan erklären zu können warum. Das Bild muss aber unbedingt positive Assoziationen hervorrufen. Mit Hilfe des Bildes lassen sich unbewusste Bedürfnisse auf einfache Weise ins Bewusstsein holen und entschlüsseln, um sie anschließend in Ihr Ziel zu integrieren. So wird verhindert, dass Sie zum Beispiel durch unbewusste, gegensätzliche Bedürfnissen sabotiert werden.

3. Fremdressourcen nutzen.

Bitten Sie etwa Freunde, Bekannte, Familienmitglieder Ihnen bei der Suche nach positiven Assoziationen zu helfen. Verschicken Sie das Bild per E-Mail mit der Bitte, positive Assoziationen zu dem gewählten Bild zu notieren und zurückzuschicken. Das klappt übrigens auch gut via Facebook. Danach fügen Sie fehlende eigene Assoziationen hinzu und sammeln alles ohne Vorauswahl. Es kann sich hierbei um spontane Ideen, Gedanken, Gefühle handeln, Hauptsache positiv. Diese Sammlung verwenden Sie später um Ihr Ziel zu formulieren.

4. (Affekt-)Bilanz ziehen.

Denken Sie an Ihren Urlaub! Positiv: neue Erfahrungen, Erholung, Sonnenschein, erfrischende Cocktails am Pool, Zeit für sich und die Partnerschaft, Gelegenheit private Projekte umzusetzen, usw. Jetzt die andere Seite der Bilanz: Koffer packen, Reise planen, zusätzliche Kosten, lange Anreise, Versicherungsschutz klären, Risiko von tropischen Krankheiten, Verdienstausfall bei Freiberuflern, usw. Das ist ihre Affektbilanz, die hoffentlich mehr positive als negative Posten aufweist. Zurück zu Schritt drei: Unterstreichen Sie nun die Ideen, Assoziationen und Gedanken, die bei Ihnen auf einer Skala von 100 mindestens 70 Prozent positive Gefühle und gleichzeitig 0 Prozent negative Gefühle wecken. Ist ihre Affektbilanz bei den negativen Gefühlen nicht auf 0, formulieren Sie um, ohne den Inhalt zu verändern, bis es passt. Entscheidend ist hier wieder Ihr Bauchgefühl.

5. Ziele formulieren.

Vergessen Sie die SMART-Methode, nutzen Sie lieber Motti: Kreieren Sie aus den verbliebenen positiven Assoziationen ein Motto beziehungsweise eine Haltung, die zum Erreichen ihres Vorhabens hilfreich ist. Achten Sie dabei auf folgende Kriterien: Das Motto sollte positiv formuliert sein, hin zu etwas Erstrebenswertem. Das Erreichen Ihres Ziels darf zudem von nichts außerhalb Ihrer eigenen Kontrolle Liegendem abhängig sein. Und Sie stehen voll zu ihrem Mottoziel. Also 0 Prozent negative Affekte in Ihrer Zielbilanz. Dass Sie Ihr Ziel passend formuliert haben merken Sie, wenn ihr Ziel positive Gefühle auslöst und Sie es kaum abwarten können, endlich anzufangen. 6. Neuronale Netzwerke stärken.

Jedes neue Verhalten wird durch ein neues, neuronales Netzwerk im Gehirn repräsentiert. Den Grundstein haben Sie gerade gelegt. Um aber aus dem neuronalen Trampelpfad eine 4-spurige Autobahn zu machen, ist noch ein bisschen Training nötig. Was jetzt kommt, nennt die Neurowissenschaft: Priming. Hierdurch werden die gewünschten Verhaltensweisen durch häufiges Aktivieren auf neuronaler Ebene nachhaltig verankert. Ein Beispiel: Angenommen, Ihr neues Motto hat etwas mit Sonne zu tun, dann ist der erste Prime Ihr ausgewähltes Bild - ein Motiv mit einer Sonne. Suchen Sie jetzt Alltagsgegenstände, die Sie automatisch an ihr Motto erinnern: Sonnenblumen, Gegenstände mit der Farbe Gelb. Ein Password, in dem „Sonne“ vorkommt, eine Handtasche in Sonnenform, ... Fortan wird ihr neues Netzwerk immer aktiviert, wenn Sie einen dieser Gegenstände wahrnehmen oder morgens das Password in den PC eingeben. Und das völlig unbewusst.

7. Ziele multicodieren.

Zu jedem neuen Verhalten, jedem erreichten Ziel gehört auch eine physiologische, kraftvolle (Körper-)Haltung. Mit ihr können Sie das Netzwerk ebenso aktivieren wie mit Ihren Gedanken. Das kann eine bestimmte, zum Ziel passende Körperhaltung oder eine Bewegung sein. Wie wäre es gar mit einer kleinen Bewegungschoreographie, einer Art Tanz? Die Wissenschaftler sprechen hier auch von Embodiment. Dadurch nutzen Sie alle Ressourcen, die Ihnen zur Verfügung stehen - Geist, Gefühl und Körper.

8. Ziele umsetzen.

Jetzt müssen Sie nur noch den Transfer in den Alltag meistern. Suchen Sie Situationen in naher Zukunft, wo Sie mit Ihrer neuen Haltung glänzen möchten oder setzen Sie sich etwa für ihre Masterarbeit einen Starttermin und überlegen Sie, was Sie alles davon abhalten kann, damit zu beginnen. Planen Sie dann, welche Ressourcen ihnen jetzt dafür zur Verfügung stehen und wie Sie diese aktivieren können. Überlegen Sie sich ein geeignetes Stoppsignal, einen Gedanken oder ein Ritual, mit dem Sie alte negative Prozesse unterbrechen können. Um vorhersehbare Schwierigkeiten zu entschärfen, helfen übrigens auch Wenn-dann-Formulierungen: "Wenn ich nach 20 Uhr abends zum Kühlschrank gehe, nehme ich mir Gemüse mit Dipp." Einmal schriftlich formuliert, steigert das die Umsetzungswahrscheinlichkeit um bis zu 60 Prozent.

Zugegeben, das Zürcher Ressourcen Modell klingt anfangs sehr kompliziert. Deshalb kann es für das Erlernen und den erfolgreichen Einsatz des ZRM sinnvoll sein, anfangs einen Workshop zu besuchen oder mit einem Coach zusammen zu arbeiten, da bei der Zielformulierung häufig versteckte Vermeidungsziele und eine zu niedrige positive Affektbilanz die Umsetzung behindern können. Mit der Zeit aber setzen die meisten das Modell unbewusst und wie selbstverständlich ein und um.

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